Lukas Bombik (blau) im Kampf um die Goldmedaille mit einem Fußstoß gegen Mikhail Kosthiuk aus Russland
Lukas Bombik (blau) im Kampf um die Goldmedaille mit einem Fußstoß gegen Mikhail Kosthiuk aus Russland - © Jörg Eschenfelder, DJJV

Drei Kampfsportler vom TSV Bergen starteten bei der Ju-Jutsu Weltmeisterschaft in Abu Dhabi

Bergen/Abu Dhabi – Nachdem die Weltmeisterschaft im Vorjahr coronabedingt ausfallen musste, war es dieses Jahr wieder soweit: die heimischen Athleten Sophie Büscher (GER), Lukas Bombik (GER) und Bianca Feichtlbauer (AUT) vom TSV Bergen reisten zur Ju-Jutsu Weltmeisterschaft nach Abu Dhabi. 1200 Athleten aus 60 Nationen trafen sich, um sich in den Disziplinen Fighting, Duo und BJJ zu messen.

Ursprünglich war auch Anja Guercke (Fighting, +70kg) als amtierende Vize-Europameisterin als eine der Favoritinnen auf den Weltmeistertitel gemeldet, ebenso auch das Duo-Paar Veronika Koch-Sappl und Lisa Nigl (Duo, U16) vom TSV Bergen. Letztere waren mit große Medaillenchancen vom Deutscher Ju-Jutsu-Verband e.V. zum Start bei der Weltmeisterschaft nominiert worden, konnten sie doch die Deutsche Schülermeisterschaft für sich entscheiden. Jedoch machte eine kurzfristige Erkrankung den drei Athletinnen einen Strich durch die Rechnung, was eine Anreise unmöglich machte. Nach vielen Monaten intensivster Vorbereitungen ein unglaubliches Pech, doch diese Athletinnen sind mental und physisch so stark und werden sich definitiv in den kommenden Turnieren dafür belohnen und noch große Erfolge feiern!

Am Samstag, den 6.11. kämpfte die +70kg-Klasse der Frauen im Fighting. Bianca Feichtlbauer (AUT) hatte ihren ersten Kampf gegen die Kolumbianerin Laura Castillo. Mit starken Atemitechniken (Schlag- und Tritttechnikken) konnte sie ihre Gegnerin von Anfang an unter Kontrolle bringen und letztendlich auch mit einigen Punkte in Führung gehen. Selbst der starke Griffkampf und ihr zahlreichen Wurfeingänge konnte Biance stark blocken und einen 7:4 Sieg feiern. Im folgenden Kampf trat Feichtlbauer gegen die amtierende Europameisterin Nadina Biljanovic aus Kroatien an. Mit einem guten Start konnte sich Feichtlbauer einen knappen Vorsprung nach Punkten erarbeiten, doch diese Führung leider nicht bis zum Ende halten. Die starke kroatische Judoka arbeitete im Griffkampf auf den Wurf hin und erwischte Feichtlbauer schlussendlich, nachdem diese gut dagegengehalten hatte. Mit einem direkt auf den Wurf folgenden Halter, holte sich die Kroatin den Full-Ippon (vorzeitiger Sieg durch technische Überlegenheit in allen drei Parts) und somit den Finaleinzug. Somit ging es im nächsten Kampf für Feichtlbauer um Bronze, dieses Mal gegen Laura Müller aus Deutschland. Wieder konnte Feichtlbauer gut starten und sicherte sich wertvolle Punkte. Dann drehte die Deutsche nochmal auf und konterte bei den Schlag- und auch Wurftechniken. Feichtlbauer warf noch einmal alles in die Waagschale und griff die letzten Sekunden voll an und zeigte Moral. Leider wurde diese Offensive nicht belohnt und letztendlich musste sich Feichtlbauer gegen Müller (GER) geschlagen geben. Somit ein 5. Platz für Feichtlbauer nachdem sie erst im Juni an der Schulter operiert wurde und mindestens 2 Monate aussetzen musste und damit auch die EM auslassen musste, ist diese Leistung noch einmal stärker einzuordnen.

Büscher erfüllt Erwartungen: 3. Platz bei der Weltmeisterschaft

Auch am Samstag, 6.11. traten die Athletinnen der Frauen -57kg gegeneinander an. Sophie Büscher ging in dieser, eine der stärksten Frauenklassen, an den Start und durfte gleich zu Beginn gegen die Weltranglisten-Zweite Rebecca Dahl aus Dänemark antreten, direkt ein Härtetest in der ersten Runde. Nachdem Büscher bereits auf der Europameisterschaft im Juli ihre Klasse aufblitzen ließ und sich einen starken dritten Platz sicherte, war die Dänin alarmiert und kämpfte sehr verhalten und taktisch. Gleich zu Beginn konnte Büscher ihre Gegnerin unter Druck setzen, ging punktetechnisch in Führung und hatte ihre Kontrahentin unter Kontrolle. Doch nachdem sie aufgrund einer unkontrollierten Technik eine Bestrafung hinnehmen musste, wurde der Punktestand immer knapper und der Kampf immer enger. Ein taktisches Hin und Her begann und mündete schließlich in einer Disqualifikation von Büscher, nur wenige Sekunden vor Schluss, aufgrund einer vermeintlichen Passivität im Kampf. Eine, laut Regelwerk gerechtfertigtes, aber nicht wirklich notwendiges Eingreifen des Kampfrichters und somit eine entscheidende Beeinflussung des Kampfgeschehens. Frustrierend, aber so musste über die Trostrunde der 3. Platz als Ziel anvisiert werden. Direkt im nächsten Kampf wurde der Frust mit einem souveränen Full-Ippon (technische Überlegenheit) gegen eine Tunesierin abgebaut und der Start in die Trostrunde war mehr als geglückt. Im Anschluss konnte auch die Niederländern Chabeli Aarenberg-Peters (5. Platz der Weltrangliste) Büschers Energie und starken Schlag- und Wurftechniken nichts entgegensetzen. Nach diesem Full-Ippon traf Büscher in der darauffolgenden Runde auf die Weltranglisten-Dritte Christina Koutoulaki aus Griechenland. Auch diesen Kampf beendete Büscher mit Full-Ippon, worauf es im folgenden Kampf um Bronze gehen sollte. Hier war die Thailänderin Nuchanat Singchalad die letzte Hürde auf dem Weg zum Podestplatz. Doch Büscher hatte sich von Beginn an die richtigen taktischen Mittel zurechtgelegt, konterte jeden Angriff mit starken Fausttechniken, bewegte sich viel und erarbeitete sich einen großen Punktevorsprung. Nur wenige Sekunden vor Schluss machte Büscher es noch einmal spannend, als sich die Thailänderin einen Wurf-Ippon sicherte und kurz an einer kleinen Chance auf Bronze schnupperte. Doch diesen Ansatz konnte Büscher schnell im Keim ersticken, ihren deutlichen Vorsprung souverän über die Zeit bringen und sich schlussendlich eine mehr als verdiente Bronzemedaille sichern. So bewies Büscher wieder einmal, dass sie trotz ihrer erst 20 Jahre (eigentlich noch Jugend U21) bereits zur absoluten Weltklasse bei den Erwachsenen gehört und sich bei den kommenden World-Games 2022 berechtigte Chancen auf Edelmetall ausmalen darf.

Bombik erfüllt sich Traum von Gold

Bereits am Vortag, Freitag 5.11. war der Wettkampf der Männer bis 94 kg im Fighting angesetzt. Lukas Bombik, seit Jahren Vereinstrainer des TSV Bergen und Landestrainer in Bayern, stellte sich dieser hart umkämpften Gewichtsklasse. Nach zwei Bronzemedaillen auf Weltmeisterschaften (2017 & 2018) erfüllte er sich nun den Traum von Gold. Im ersten Kampf wartete der Europameister von 2019, der Serbe Filip Trajkovic gleich als große Herausforderung auf Bombik. Durch seinen Bundestrainer Steffen Heckele taktisch gut eingestellt, ging Bombik von Anfang an in Führung und gab diese auch nicht mehr ab. In den letzten Sekunden konnte er den Serben auch noch auf Ippon werfen und direkt in einer Haltetechnik festhalten, sodass der Kampf schließlich mit Full-Ippon von Bombik beendet werden konnte. Im zweiten Kampf stellte er sich dem Kongolesen Christopher Mputu, einem bis dahin absolut unbekannten Gegner. Mit überraschend schnellen und starken Schlag- und Tritttechniken leistete er Lukas starke Gegenwehr und lag auch lange Zeit in Führung. Mit einigen taktischen Änderungen konnte sich Bombik Punkt um Punkt heranarbeiten und den Kampf schließlich noch für sich entscheiden. Somit ging das Halbfinale für Bombik gegen seinen Dauergegner Alexandre Perez (Frankreich), mit dem er sich schon in der Vergangenheit starke Kämpfe geliefert hatte. Zwar hatte sich der Franzose taktisch auf Bombik eingestellt, doch Bombiks Fausttechniken trafen regelmäßig und so erarbeitete er sich ein gutes Punktepolster. Doch obwohl der Franzose direkt zu Beginn des Kampfes für eine unkontrollierte Schlagtechnik verwarnt wurde, folgten im weiteren Verlauf weitere verbotene Techniken, was schließlich in einer Disqualifikation des Franzosen resultierte. Nachdem Bombik bereits deutlich in Führung lag, schlussendlich auch hier ein verdienter Sieg und der Einzug ins Finale. Dort stand, wie auch bei jeder Weltmeisterschaft seit 2017, der Russe Mikhail Kosthiuk, seines Zeichens amtierender Europameister. Im direkten Vergleich beider Athleten stand es vor dem Kampf 1:1, was einen spannendenden Kampf zu erwarten ließ. Nach anfänglichem Abtasten ging Bombik mit zwei Tritttechniken in Führung, welche aber direkt vom Russen mit druckvollen Fausttechniken gekontert wurden. Der ganze Kampf war geprägt von viel Härte und dem sichtbaren Willen beider Athleten alles für den Erfolg zu tun. Mit einem starken Schulterwurf erwischte der Russe Bombik auf dem buchstäblich falschen Fuß und konnte sich einen Punktevorsprung von 4 Punkten verschaffen. Auf diesem Niveau eine kaum einzuholende Führung. Doch in den letzten 30 Sekunden drehte Bombik nochmal auf, holte sich Punkt um Punkt und sicherte sich mit einem Fauststoß in der letzten Sekunden den Ausgleich. Für die Athleten ging es nach einer kurzen Pause in eine 2-minütige Verlängerung. Hier übernahm Bombik von Anfang an den druckvolleren Part, legte immer wieder vor und spielte seinen konditionellen Vorteil aus. Mit Taktik und Durchhaltevermögen brachte er am Ende den hauchdünnen Vorsprung von einem Punkt über die Zeit. Am Ende kannte die Freude keine Grenzen mehr, so holte er sich doch seinen ersten Weltmeistertitel bei den Erwachsenen nach dem U21-Weltmeistertitel vor 10 Jahren.

Heimischer Leistungssport made in Bergen

Alles in allem kann man die Weltmeisterschaften für den TSV Bergen mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachten. Zum einen die krankheitsbedingten Ausfälle von Medaillen- und sogar Titelanwärtern, sowie die knappe Niederlage von Feichtlbauer im Kampf um Bronze. Zum anderen natürlich die zwei tollen Medaillen von Büscher und Bombik. Schlussendlich überwiegt dann aber die Freude über die Erfolge und auch die Zuversicht, dass sich die heimischen Leistungssportler Anja Guercke, Veronika Koch-Sappl, Lisa Nigl und Bianca Feichtlbauer bei den nächsten Turnieren mit ihrem Talent und Willen für ihre Anstrengungen belohnen werden.