
Zweimal Gold auf den World Games in Chengdu
Heimische Sportlerinnen sichern sich Goldmedaillen in Chengdu in den Ju-Jutsu- Disziplinen Para Visual und Fighting
Am 7. August 2025 wurden in Chengdu, China, die 12. World Games eröffnet – das weltweit größte Multisportfestival für Sportarten, die (noch) nicht Teil der Olympischen Spiele sind, darunter auch Ju‑Jutsu. Für die Ju-Jutsukas sind die World Games (zusammen mit den World Combat Games) das wichtigste und bedeutendste Turnier. Für die Kampfsportler begannen die Wettkämpfe ab dem 10. August 2025, ausgetragen im Jianyang Cultural and Sports Centre Gymnasium in Jianyang, einem Bezirk von Chengdu. Insgesamt wurden 19 Entscheidungen in den Kategorien „Fighting“, „Ne-Waza“ und „Duo“ ausgetragen – erstmals auch mit Para‑Disziplinen für geistig, körperlich beeinträchtigte Sportler*innen, bzw. auch mit Sehbehinderung. Hier treten entweder zwei Para-Athleten gemeinsam oder ein Para-Athlet mit einem nicht-beeinträchtigten Athleten an.
Im Ju-Jutsu dürfen bei den World Games jeweils nur die vier bestplatzierten Athleten und Athletinnen der Weltrangliste teilnehmen, welche sich über zwei Jahre hinweg dafür qualifizieren mussten sowie zwei weitere Sportler, welche vom Weltverband eine Wildcard erhalten. Somit waren nicht nur die letzten sechs Monate besonders trainingsintensiv, sondern im Grunde genommen die letzten zweieinhalb Jahre, in welchen sich die Athletinnen und Athleten unter größten Anstrengungen und unter Aufopferung des Großteils ihrer Freizeit auf dieses Highlight eines jeden Ju-Jutsukas vorbereitet haben.
Bemerkenswert ist, dass fast das gesamte World Games Team des Deutschen Ju-Jutsu Verbands (DJJV) aus Bayern besetzt wurde. Ein Teil dieses bayerischen Teams war die Bergenerin Sophie Büscher, welche in der Klasse Fighting Women (-57 kg) an den Start ging. Darüber hinaus trat die Neu-Bergenerin Julia Paszkiewicz als Partnerin und Betreuerin der sehbeeinträchtigten Nike Hünecke in der Klasse Para Visual an.
Und die Ergebnisse des deutschen Teams konnten sich mehr als sehen lassen. So konnte sich der DJJV mit zwei Gold-, einer Silber- und einer Bronzemedaille den dritten Platz in der Nationenwertung (Ju-Jutsu) sichern und erheblichen Anteil zum zweiten Platz im allgemeinen Medaillenspiegel beitragen.
Erster Sieg von Büscher durch technische Überlegenheit
Am zweiten Tag (11.08.) war die bayerische Fighterin Sophie Büscher eine der beiden deutschen Vertreterinnen. In der Vorrunde der Klasse Fighting Women -57 kg setzte Büscher gegen Yacqueline Arosemena (PAN) mit einem vorzeitigen Full-Ippon Sieg (technische Überlegenheit) direkt ein klares Zeichen. Im zweiten Vorrundenkampf wartete die Mitfavoritinnen Rebecca Dahl (DEN), welche sich offensichtlich besonders auf Büschers Kampfstil vorbereitet hatte. Doch unbeeindruckt davon, zeigte sich Büscher selbstbewusst und ruhig. Trotz Punkterückstand konnte sich Büscher noch - nervenstark und in letzter Sekunde - in die Verlängerung retten. In dieser präsentierte sich Büscher aber um eine Nuance stärker als die Dänin und setzte sich knapp, mit 20:18, gegen Dahl durch. Im anschließenden Halbfinale hatte die Schwedin Klara Mattsson, trotz aller Versuche, keine Chance auf Büschers Niveau mitzukämpfen, womit Büscher souverän mit 11:4 in das Finale einzog. Insbesondere Büschers Ruhe und Geduld sowie das Selbstbewusstsein in den entscheidenden Momenten, gepaart mit ihrer technischen Flexibilität und Explosivität bei den Schlag- und Tritttechniken, sollten an diesem Tag den Unterschied machen. Und das zeigte sich auch im Finale, in welchem wieder die Dänin Rebecca Dahl wartete. Mit ein paar taktischen Umstellungen im Vergleich zum ersten Kampf, zeigte Büscher von Beginn an ihr volles Potential, ging deutlich in Führung und ließ ihre Kontrahentin nicht ansatzweise in Schlagdistanz kommen. Schließlich konnte sich Büscher mit einem deutlichen 18:6 Sieg die lang ersehnte und hart erarbeitete Goldmedaille sichern und das wichtige erste Gold für den DJJV holen. Landestrainer, Abteilungsleiter und Büschers Heimtrainer Lukas Bombik ist sich sicher: “Eine beeindruckende Leistung der 24-jährigen Top-Athletin vom TSV Bergen, welche sich bereits in diesem jungen Alter nun Weltmeisterin und World Games Siegerin nennen darf. Mit ihrer jahrelangen und harten Arbeit und ihrer Konsequenz hat Sophie Büscher bewiesen, was man mit Fleiß, absolutem Willen und dem Glauben an sich selbst erreichen kann. Auf und neben der Matte ist Sophie einfach ein Vorbild für die Jugend - als Athletin, Trainerin und ebenso als Mensch.”
Hünecke/Paszkiewicz holen sich erste World Games-Goldmedaille im Para Visual

In der Klasse Para Visual trat Nike Hünecke mit ihrer Partnerin Julia Paszkiewicz, ihres Zeichens ehemalige Spitzenathletin im Duo, aktuelle Bundestrainerin und seit Anfang des Jahres auch Bergenerin, an. In der Visual-Klasse tragen die Athlet*innen mit Sehbeeinträchtigung allesamt eine Augenmaske, um hier unabhängig vom Grad der Beeinträchtigung für Gleichberechtigung zu sorgen. In der Vorrunde machten die beiden, mit der mit Abstand höchsten Wertung, gleich klar, dass der Weg zu Gold nur über sie gehen würde, und so präsentierten sie sich auch im Halbfinale gegen die Rumänen Belean/Szanto. Mit einem deutlichem Vorsprung von 151:111 Punkten wurde auch dieses gewonnen, womit einem hochklassigen Finale gegen das wurfstarke chinesische Paar Pan/Wang nichts im Weg stand. Erwartungsgemäß entwickelte sich ein knapper Kampf, wobei das deutsche Duo-Paar Hünecke/Paszkiewicz letztlich mit Präzision, viel Dynamik und starkem Ausdruck die Jury von ihren Techniken überzeugen und somit einen knappen 149:143 Sieg feiern konnten. Damit konnten die beiden Athletinnen die zweite Goldmedaille für das DJJV-Team gewinnen und sich die erste World Games-Goldmedaille im Para Visual sichern. Mit einer hohen Intensität und starkem Duo konnten die beiden ein beeindruckendes Zeichen für den Para-Sport im Deutschen Ju-Jutsu Verband setzen.
Auch wenn sich Bundestrainer und DJJV-Präsident Roland Köhler sicherlich die ein oder andere zusätzliche Medaille bzw. bessere Platzierung erhofft hatte, zeigt sich Köhler über das Abschneiden des deutschen Teams zufrieden: “Alles in allem war es für den DJJV mit zwei Gold-, einer Silber- und einer Bronzemedaille ein durchaus erfolgreiches Turnier, wobei man sich sicherlich die ein oder andere Medaille bzw. bessere Platzierung erhofft hat in den anderen Disziplinen”. Doch unterm Strich darf man nichts anderes tun, als allen angetretenen Athletinnen und Athleten größten Respekt zollen, denn sie haben allesamt bewiesen, dass sie zu den stärksten Athleten der Welt gehören. Nach monatelanger harter und intensiver Vorbereitung sind alle in Top-Form angereist und haben auf der Matte ihr Bestes gegeben. Nach dieser kraftraubenden Zeit steht jetzt aber erstmal eine wohlverdiente Pause an, Kopf freibekommen und wieder zu Kräften kommen. Großer Dank gilt den Coaches, ebenso den mitgereisten Fans und insbesondere unserem Medi-Team.